- Wie kam es, dass du Deutschland verlassen hast und Korea deine neue Heimat wurde?
Ich habe damals Asienwissenschaften in Bonn studiert und im dritten Studienjahr die Möglichkeit bekommen einen Austausch an der Korea University zu machen. Anschließend habe ich dann meinen Master an der Yonsei University gemacht. Nach meinem Abschluss war ich dann kurz in Deutschland, allerdings hat es mich dann wieder zurück nach Korea gezogen. Dann fing das plötzlich mit der „Fernseh-Geschichte“ an und seitdem bin ich hier.
- Woher stammt dein ursprüngliches Interesse für die koreanische Kultur?
Der erste Kontakt kam bei mir durch das Taekwondo. Mit 16 habe ich dann von meinem Onkel einen großen Bilderband über Korea bekommen. Das Land hat mich total fasziniert und so habe ich mich immer weiter informiert. Während meines Zivildienstes in Spanien habe ich mich dann dazu entschlossen Asienwissenschaften zu studieren.
- Worin bestand die größte Umstellung gegenüber Deutschland?
Anfangs war die größte Umstellung wahrscheinlich die Wohnsituation. In Bonn habe ich in einem Studentenwohnheim gelebt und hatte ein relativ großes Zimmer. In Seoul habe ich dann erstmal in einem Goshiwon gewohnt. Das Zimmer bestand eigentlich nur aus einem Bett, einem Schreibtisch, und einem Stuhl. Allerdings habe ich mich daran schnell gewöhnt, da die Lebensweise eine ganz andere ist und ich die meiste Zeit unterwegs war und viel mit Freunden unternommen habe. Mein Zimmer habe ich eigentlich nur zum Schlafen benutzt.
Eine weitere Umstellung war das Tragen von Masken wegen der Feinstaubbelastung, daran musste ich mich wirklich gewöhnen. Aber leider ist das ja unabhängig davon heute normal.
- Du hast sowohl in Deutschland als auch in Korea studiert. Worin liegen die größten Unterschiede zwischen einem Studium in Deutschland und Korea?
In Deutschland ist es meist so, dass junge Leute welche ein Studium beginnen, in eine WG oder ein Studentenwohnheim ziehen. Auf der koreanischen Seite ist es üblich während des Studiums bei den Eltern zu wohnen. Der andere große Unterschied ist, dass in Korea sehr viel zusammen gemacht wird. Die „Campus Kultur“ ist eine ganze andere. Es gibt viele Konzerte, Sportevents und Veranstaltungen, welche durch die Universität organisiert werden. Das Freizeitangebot der Universitäten ist also ein ganz anderes als in Deutschland.
Außerdem habe ich das Gefühl, dass ein Studium in Deutschland mehr Freiraum bietet sich mit bestimmten Themen intensiver auseinanderzusetzen. In Korea geht es oft sehr schnell und soll einen direkten Berufseinstieg ermöglichen.
- Wie sieht dein gewöhnlicher Alltag in Korea aus?
Mein heutiger Alltag sieht im Gegensatz zu meiner Zeit als Student ganz anders aus. Ich arbeite meist für das Fernsehen, halte Vorträge und produziere auch Musik, welche ich selbst herausgebe. Daher habe ich eigentlich keinen Tagesablauf, der sich konstant wiederholt. Es hängt immer von meinen Projekten und den dazugehörigen Terminen ab. Es gibt Tage da arbeite ich 16 Stunden am Stück und wiederum solche, an denen ich nur wenige Stunden arbeite. Meist ist es jedoch so, dass ich bis zum Nachmittag mit dem Arbeiten beschäftigt bin und am Abend zum Hapkido Training gehe, wo ich auch selbst unterrichte.
- Was vermisst du an Deutschland? Gibt es etwas „typisch deutsches“ was dir fehlt?
Fachwerkhäuser und Burgen! Ich komme aus dem Rheinland, aus der Ecke zwischen Leverkusen und Düsseldorf, das ist also typisch für unsere Gegend. Es gibt dort aber auch viele Wälder, Weinberge, den Rhein und natürlich bergische Waffeln (mit Kirschen und Sahne). Ich würde auch sehr gerne mal wieder nach Bayern und in die Alpen.
Beim Essen vermisse ich sonst eigentlich nicht wirklich viel, da man in Seoul mittlerweile sehr viel internationale Lebensmittel bekommt. Aber klar, der Pflaumenkuchen meiner Großmutter und Pfannkuchen, das fehlt mir schon.
- Können Sie sich vorstellen wieder in Deutschland zu leben?
Ich könnte es mir vorstellen, allerdings müsste meine Tätigkeit dann einen klaren Bezug zu Korea haben. Wahrscheinlich müsste ich dann auch in eine Großstadt wie Berlin, Köln oder Frankfurt ziehen. Ehrlich gesagt kann ich es mir nicht vorstellen wieder auf dem Land in einer kleinen Stadt zu leben. Ich bräuchte schon den Austausch mit Koreanern oder Koreainteressierten.
- Wo siehst du die größten Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Korea?
Ich denke eine der größten Gemeinsamkeiten ist das Interesse für Kultur. Die Koreaner sind beispielsweise sehr an unserer klassischen Musik interessiert. Dazu kommt das große gemeinsame Interesse an Wissenschaft und Technik. In all diesen Bereichen gibt es daher auch einen intensiven Austausch zwischen unseren Ländern.
- Gibt es Aspekte in Deutschland und Südkorea welchen deiner Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird? Punkte über die mehr gesprochen werden sollte?
Beim Thema Wiedervereinigung beispielsweise gibt es einige Punkte, die ich öfter in meinen Vorträgen anspreche. Die Koreaner sind sehr daran interessiert zu erfahren, wie wir die Wiedervereinigung in Deutschland geschafft haben. Ich probiere dann aufzuzeigen, dass es einen langen Prozess gab, der dem vorausging. Dieser hat damals nicht ausschließlich auf politischer Ebene stattgefunden, entscheidend war auch das Engagement der Bevölkerung. Als Beispiel nenne ich dann friedliche Demonstrationen wie die Montagsbewegungen in Ostdeutschland.
Auch werde ich öfter von Koreanern angesprochen und sie erzählen mir, dass sie uns Deutsche für unsere niedrigen Studienkosten beneiden. Ich erkläre ihnen dann, dass wir eine Soziale Marktwirtschaft haben und keine Freie. Einige Fragen mich dann, ob das nicht Kommunismus sei? Es gibt also einige Themen, die meiner Auffassung nach mehr in der Tiefe angesprochen werden könnten, um so ein anderes Verständnis zu schaffen. Gerade beim Thema Wiedervereinigung ist der Austausch zwischen unseren Ländern sehr wichtig.
- Das Treffen zwischen beiden koreanischen Staatschefs im Jahr 2018 hat global für großes Aufsehen gesorgt. Wie hast du diese Zeit erlebt? Welche Rolle sollte Deutschland im Rahmen eines Annäherungsprozesses einnehmen?
Ehrlich gesagt habe ich mir damals nicht allzu große Hoffnungen gemacht, was sich heute leider bewahrheitet hat. Die Stimmung im Land war jedoch sehr positiv. Auch wenn ich an die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang zurückdenke, das waren schon wirklich tolle Eindrücke. Das Treffen war definitiv ein großer Schritt und vor einigen Jahren noch undenkbar. Daher finde ich es sehr schade, dass sich daraus nicht wirklich viel entwickelt hat.
Deutschland sollte jedoch weiterhin für Frieden und Austausch stehen! Es ist sehr wichtig, dass ein Informationsfluss besteht und wir unsere gemachten Erfahrungen teilen. Auch wenn die aktuelle Situation in Korea teilweise anders ist als damals bei uns, gibt es viele Gemeinsamkeiten. Ich denke diese unterstützende Rolle sollte Deutschland weiter einnehmen.
- In einem Interview hast du von deinem Traum gesprochen als erster Ausländer eine Kampfkunstschule in Südkorea zu eröffnen. Was ist aus dem Plan geworden?
Ich unterrichte zusammen mit meinem Meister Hapkido. Er ist mittlerweile 76 und ich unterstütze ihn jeden Abend beim Training. Allerdings kann ich mir das aktuell nur als Zweitberuf vorstellen. Die Musik ist für mich sehr wichtig geworden und demnächst bringe ich mein erstes Album raus. Mein Traum wäre weiterhin Musik zu machen, abends Hapkido zu unterrichten und zwischendurch ein paar Sendungen zu drehen. Ich denke das wäre der perfekte Plan für die nächsten Jahre.