Erstes Regionaltreffen 2025 – Deutsch-Koreanischer Digitaldialog „Wie wurde Südkorea digital? Ein Einblick in seine E-Government-Reise“ 

(Erfahrungsbericht von Lisa Hetterling)

Am Mittwoch, dem 4. Juni 2025, kamen wir in Berlin mit einer Delegation des Korea Local Information Research & Development Institute (KLID) zu einem besonderen Round-Table zusammen. Im Rahmen unseres ersten Regionaltreffens in diesem Jahr durften wir mehr über die Strategie und Zukunft des koreanischen E-Government erfahren, und unsere eigenen Fragen stellen. Pünktlich trudelten wir am Nachmittag in den Seminarraum der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen ein. Mit Namensschildern, Snacks und Getränken versorgt, konnten wir voller Vorfreude an den langen Tisch finden. 

Nach der freundlichen Begrüßung durch Thomas Konhäuser, Vertreter des Deutsch-Koreanischen Forum e.V., Deok Soo Park, dem Präsident des KLID, und Johannes Klausa, Projektleiter des Netzwerk Junge Generation Deutschland-Korea, starteten wir mit dem offiziellen Teil.  

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, in der wir ein bisschen über uns erzählen konnten, ging es direkt weiter mit dem Inputvortrag von Hyo Chang Lee, dem Direktor für Außenbeziehungen und Öffentlichkeitsarbeit vom KLID. Dank der hervorragenden Moderation durch Jiye und der Verdolmetschung durch Herr Kim Sung-Kon konnten wir dem Vortrag problemlos folgen, egal auf welcher Seite der Sprachgrenze wir saßen oder auf welchem Level unsere Koreanisch Skills auch waren. Wir tauchten direkt ein in KLIDs Arbeit rund um digitale Verwaltungsinnovationen, von lokalen Services über innovative KI-Lösungen bis hin zu internationaler Zusammenarbeit und E-Government-Beratung für andere Länder. Gerade aus deutscher Perspektive war das super spannend, nicht nur wegen der beeindruckenden Digitalstrategien und erfolgreichen Umsetzung, sondern auch im Vergleich zu den Herausforderungen, die wir hier nur zu gut kennen. 

Dementsprechend wurde es besonders lebendig nach dem Vortrag bei der offenen Fragerunde. Und wie offen sie war! Niemand musste seine Neugier zurückhalten, und es gab sogar mehr Fragen, als der Zeitplan zuließ. Letztendlich konnten wir ein paar Diskussionspunkte mit ins Abendessen nehmen, damit wir unsere Restaurant-Reservierung nicht verpassten. Prioritäten müssen sein. 🙂 

Die Themen, die uns bewegten, waren vielfältig, und von unseren persönlichen Interessen geprägt. Uns beschäftigte unter anderem, welche Rolle der demografische Wandel im Kontext der Digitalisierung spielt, und die Frage, ob KLID das Thema „Alter(n)“ dabei mitdenkt. Die Antwort: Auf jeden Fall! Der möglichst barrierefreie Zugang für nicht nur ältere Menschen ist ein zentrales Anliegen. Um aktuelle Herausforderungen wie zum Beispiel die geringe digitale Erfahrung vieler älterer Menschen oder allgemeine körperliche Einschränkungen zu berücksichtigen, wird auf Lösungen wie barrierefreie Apps, Sprachsteuerung in Selbstbedienungskiosks oder leicht zugängliche Online-Funktionen gesetzt. So soll der Zugang zu digitalen Angeboten erleichtert, und Alltagsprozesse, wie zum Beispiel das Buchen von Terminen oder der Zugang zu Informationen, vereinfacht werden. 

Bezüglich der zukünftigen Gestaltung von weiteren Lösungsvorschlägen kamen wir auch auf Bildungsangeboten zur Digitalisierung zu sprechen, etwa Schulungen oder Kurse. Außerdem wurde sehr viel über Benutzerfreundlichkeit gesprochen, große Schrift, intuitive Bedienung, klare Sprache, und Übersetzungsmöglichkeiten für Beamte und ausländische Hilfesuchende. 

Ein Thema, das der Vortrag betonte und uns alle besonders interessiert hat war Sicherheit und Datenschutz. Besonders im Hinblick auf sensible Daten (zum Beispiel in der Gesundheitsversorgung) wollten wir wissen, wie KLID das regelt. Uns wurde das mehrstufige Sicherheitsmodell erklärt, welches mit klaren Hierarchien im Datenzugriff und geschlossenen Systemen, in denen KI mit eingebunden ist, arbeitet. Auch Zugangsüberprüfungen sind dabei streng geregelt, mit der Involvierung von nationalen Sicherheitsagenturen. 

Natürlich kam auch die Frage auf, ob Digitalisierung Jobs kostet, und wie damit umgegangen wird, Stichwort Personalabbau. Die Antwort war differenziert: Ja, das kann passieren, aber gleichzeitig würden neue Jobs entstehen, besonders im Bereich Entwicklung, IT und digitaler Verwaltung. Und was ist mit Systemabhängigkeiten? Eine*r von uns sprach das Microsoft-Fiasko an, als ein Crash große Teile der Infrastruktur lahmlegte, u.a. Flughäfen. Da Digitalisierung oft im Namen der Effizienz angepriesen wird, sind solche Pannen natürlich ein besonders großes Risiko. Die Antwort war: Ja, das sei ein Thema, aber man setze auf Sicherheit, Open Source-Lösungen und resiliente Systeme. 

Zum Schluss wurde es persönlich. Wir sprachen über die schleppende Digitalisierung in Deutschland, besonders im deutschen Gesundheitssektor, die elektronische Patientenakte, datenschutzrechtliche Sorgen, und Skepsis von Ärzt*innen und Patient*innen. Generell ging es hierbei über die Misstrauenskultur in Deutschland, so wie das tiefe Misstrauen in vielen Deutschen gegenüber staatlicher Datenspeicherung, großen Tech-Konzernen oder der Sicherheit digitaler Systeme. Von Patient*innen Seite sprachen wir etwa über die Sorge, durch die vollständige Einsicht in die elektronische Akte stigmatisiert zu werden. Insbesondere Long-Covid-Betroffene berichten laut einer Expertin von der Angst, voreilig beurteilt zu werden. Aber auch Ärzt*innen begegnen der Digitalisierung mit Skepsis, unter anderem aufgrund technischer Schnittstellenprobleme zwischen verschiedenen Systemen und zusätzlichem administrativem Aufwand. Der Frust mit unseren Erfahrungen war deutlich, es kam aber auch zu viel Austausch über Perspektiven, und schließlich dem Gefühl, dass wir nicht allein mit unseren Digitalisierungssehnsüchten und -sorgen sind. 

Nach so viel Input und Austausch tat es gut, in gemischten Gruppen bei leckerem koreanischem Essen im Restaurant Seoul Garden weiterzureden. Das Essen war großzügig von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gesponsert (vielen Dank!), und es war wirklich super lecker. 

Auch hier ging es weiter mit spannenden Gesprächen, nicht nur zur Digitalpolitik, sondern auch über persönliche Erfahrungen, berufliche Hintergründe, unsere Beziehungen zu Korea, und wie unterschiedlich der digitale Alltag in Korea und Deutschland aussieht. Interessant für uns war, dass wir sogar ein Übersetzungs-Tool ausprobieren durften, das gerade in Entwicklung ist und bei der Kommunikation zwischen Besucher*innen und koreanischen Behörden helfen soll. Besonders für Ausländer*innen, die noch nicht über sichere Koreanisch Kenntnisse verfügen, haben solche Tools enormes Potential den Alltag zu erleichtern. 

Es war ein Abend voller neuer Eindrücke, spannender Begegnungen und leckerem Essen, mit einem Thema, das uns alle betrifft. Wir haben viel gelernt, sehr viel gefragt, viel gelacht und gemerkt: Digitalisierung ist kein einfacher Prozess, aber mit Offenheit, Austausch und guten Ideen lässt sich einiges bewegen. 

Ich freue mich schon auf das nächste Treffen! 

Hier findest Du ein Instagram-Reel von den Highlights des Treffens.