Projekt Beschreibung
Die Fragen stellte Paul Schönewald, Arbeitsgruppe „10 Fragen an” des Netzwerks Junge Generation Deutschland-Korea.
Hinweis: Die Äußerungen unserer Interviewpartner stellen deren Meinung dar und spiegeln nicht grundsätzlich die Meinung des Deutsch Koreanischen Forums e.V. oder des Netzwerks Junge Generation Deutschland-Korea wider.
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- Nach Ihrer Ausbildung zur Köchin arbeiteten Sie europaweit in diversen Restaurants und erkochten sich wenige Jahre später einen Michelin-Stern. Wie kam es damals zu dem Berufswunsch? Was reizt oder fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?
Ich bin in der Kindheit mit vielen Tieren aufgewachsen, außerdem hatten wir einen großen Garten und auch Nutztiere für den Eigengebrauch. In der Küche habe ich mit meiner Mama gerne gestanden. Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Tiermedizin studieren. Mein Durchschnitt war aber leider nicht so gut, dass ich direkt einen Studien Platz bekommen hätte, also habe ich mich dazu entschieden Köchin zu werden. Ich finde die Vielfalt dieses Berufs wunderbar. Kreativität, Organisation, Wirtschaftlichkeit, die Möglichkeit viele verschiedene Länder/ Kulturen zu bereisen, die Arbeit in einem Team und vor allem das direkte Feedback der Gäste, wenn man mit seiner Arbeit (Kochen) Glücksmomente kreieren konnte.
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- Sie sind in Südkorea geboren und wuchsen als Adoptivkind in Deutschland auf. War es für Sie ein Aufwachsen zwischen den Kulturen?
Ich war damals 1 3/4 Jahre als mich meine Adoptiveltern aus Südkorea abgeholt haben. Also noch sehr klein, mit keinen Erinnerungen an mein Geburtsland. Ich habe mich auch immer als Deutsche gefühlt und nie in Frage gestellt, dass es anders sein könnte. Außerdem bin ich in einem sehr positiven Umfeld aufgewachsen, wo meine Herkunft keine Rolle gespielt hat.
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- Wir würden Sie Ihren Kochstil beschreiben? Welche Rolle spielt Südkorea möglicherweise dabei?
Ich koche eine asiatische Aromenküche. Vor allem die Schärfe spielt hierbei eine sehr große Rolle. Genau den Punkt zu treffen, dass es nicht zu scharf ist und man doch alle anderen Aromen schmecken kann, ist unser Talent im YOSO. Zudem ist es eine leichte Küche, die mit den Aromen-Kombinationen immer wieder überrascht. Angefangen habe ich 2011 mit den asiatischen Aromen zu kochen. Inzwischen ist daraus eine unverkennbare Handschrift geworden. Die koreanischen Aromen haben im Laufe dieser Zeit eine immer größere Rolle gespielt. Die Reise 2018 nach Korea war natürlich ausschlaggebend, dass sich immer mehr Gerichte aus der koreanischen Küche auch auf die Menükarte bei uns im YOSO finden.
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- Haben Sie Zutaten, welche sie als Basics beschreiben würden, die in Ihrer Küche niemals fehlen dürfen?
Ganz klar CHILI. Die Schärfe muss einfach sein. Dann liebe ich Sesam-Öl, Sojasauce und Gochujang (Koreanische Paprika Paste). Ich denke mit den Zutaten lässt sich ein einfaches Gericht schnell zu etwas Besonderem abschmecken und verleiht dem Gericht eine unverkennbare Würze.
- Worin sehen Sie die größten Unterschiede bezüglich des europäischen und asiatischen Kochstils?
Ich persönlich finde die asiatische Küche viel bekömmlicher. Zudem spielen die Würzigkeit und die Aromen eine größere Rolle. Ich denke auch, dass die asiatische Küche zu teilen gesünder ist.
- Auf welche Aspekte achten Sie besonders beim Kreieren neuer Gerichte?
Es müssen verschiedene Geschmacksrichtungen angesprochen werden, dann ist ein Gericht harmonisch. Süß, sauer, salzig, fettig, bitter und umami. Ein Gericht besteht aus mindestens vier dieser Geschmacksrichtungen, wenn wir dann auch noch mit der Schärfe spielen, passt es perfekt ins YOSO. Außerdem lege ich viel Wert auf die Texturen und die Proportionen. Die einzelnen Mengen der Bestandteile sind wichtig, damit der Gast genau das Geschmacksbild bekommt, was ich mir selbst vorgestellt habe.
- Die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde spielen in Ihren kulinarischen Kreationen eine große Rolle. Was hat es damit auf sich?
Feuer steht für die scharfen Gerichte, Wasser für die Gerichte, mit Produkten aus dem Meer. Erde stellt Fleischgerichte dar und Luft sind die vegetarischen Gerichte.
Wir bieten ein 7 Gang Menü an und jedes Gericht ist einem Element zu geordnet.
- Ihr Beruf setzt ein hohes Maß an Kreativität voraus. Woraus schöpfen Sie persönlich kulinarische Inspiration?
Inspiration hole ich mir von Reisen, von Recherchen aus dem Internet und von Ess -Erlebnissen. Manchmal ist es aber auch nur ein Produkt, was ich kennengelernt habe und dann baue ich mir im Kopf ein Gericht zusammen, überlege, was hat gerade Saison, welche Aromen lassen sich dazu kombinieren, welche Frucht passt dazu, um die Schärfe auszugleichen. In welchen Texturen und Konsistenzen bringe ich die einzelnen Bestandteile auf den Teller, sodass es immer spannend bleibt beim Essen.
- Welche Verbindung haben Sie heute zu Korea und Ihren Wurzeln?
Die Korea Reise 2018 hat mich dem Land nähergebracht. Meine Eltern hatten mir seit Kindheit an immer wieder die Möglichkeit gegeben mehr über das Land zu erfahren, aber damals war das Interesse nicht groß genug. Als ich dann vor 3 Jahren das erste Mal wieder mein Heimatland besucht habe, war es eine unvergessliche und sehr emotionale Reise für mich. Auch wenn ich keinerlei Erinnerung mehr habe, so hat sich ein Teil von mir von Anfang an sehr heimisch und wohlgefühlt. Auch die Aromen haben vertraut geschmeckt. Dadurch, dass ich vieles probieren konnte und auch verschiedene Gegenden von Korea kennengelernt habe, ist es für mich ein Ort geworden, an den ich immer wieder zurückkehren möchte. Dass ich mit meiner Aromenküche nun auch die Aromen Koreas unseren Gästen näherbringen kann, ist für mich natürlich großartig. Koreanische Küche ist in Deutschland noch nicht so bekannt wie andere asiatische Länderküchen, umso schöner finde ich es, wenn ich meinen Teil dazu beitragen kann, koreanische Küche erlebbarer zu machen.
- Sie haben Südkorea intensiv bereist und dieses Erlebnis 2018 in einem Buch niedergeschrieben. Wie war es für Sie in Ihr Heimatland zurückzukehren?
Am Anfang war eine große Angst da, wie ich wohl gesehen werde. Als Koreanerin oder als Ausländerin. Die Angst wurde mir aber schnell genommen. Schon im Flugzeug wurde ich von dem koreanischen Flugpersonal auf Koreanisch angesprochen und so ging es auch weiter, als ich den Flughafen in Seoul betreten habe. Als ein Teil von ihnen gesehen zu werden, ist ein Herzliches Willkommen. Ich habe mich sehr wohlgefühlt in den 14 Tagen. Es war eine sehr bewegende Zeit, in der ich einen kleinen Einblick in das Leben, die Kultur und vor allem die Kulinarik erleben durfte. Für mich war erstaunlich, wie nah die Tradition und die Moderne beieinander sind. Was aber wohl auch die Kultur Koreas ausmacht. Ich habe Korea kennengelernt als ein Land voller Gegensätze, die aber ohneeinander nicht das wären, was ich erlebt habe. Es gibt einige sehr emotionale Begegnungen, die mir widerfahren sind. Zum Beispiel, als ich dem ersten dokumentierten Ort von mir gegenüberstand. Eine Kleine Polizei Station auf einer sehr großen und belebten Einkaufsstraße. Das ist der Ort, an den ich gebracht wurde, als ich damals als Findelkind gefunden wurde. Diesem Ort dann gegenüberzustehen, ist schon sehr emotional.
In meinem Reise-Kochbuch konnte ich sehr viel Erlebtes niederschreiben und es somit auch viel besser verarbeiten. 2020 bin ich zusammen mit meinem Mann nach Korea gereist, ich habe ihm einige der Orte gezeigt, die ich bereits gesehen hatte und wir haben viel Neues zusammen kennengelernt. Und ein bisschen war es wie nach Hause kommen, weil das vertraute Gefühl direkt wieder da war. Und obwohl Seoul eine Millionen Metropole ist, sind die Gegensätze, Kraft und Ruhe, immer allgegenwärtig und das gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Vor kurzem bin ich Mutter von unserem Sohn Sam Je Joon geworden und eins steht für mich fest, ich möchte auch ihm mein Heimatland zeigen. Ein Teil der einen festen Platz in meinem Leben eingenommen hat.