Projekt Beschreibung
Mein Name ist Jan Ristok und ich arbeite seit Januar 2020 als Lehrer für Deutsch als Fremdsprache in Südkorea; derzeit übe ich meinen Beruf primär an zwei Oberschulen aus, aber ich konnte schon an verschiedenen Institutionen Erfahrungen sammeln und werde im Folgenden ausführen, was man für die Arbeit als DaF-Lehrer in Korea mitbringen muss (DaF = Deutsch als Fremdsprache).
Zunächst möchte ich die Institutionen aufzählen, an denen man in Südkorea Deutsch lernen kann.
Auch wenn Deutsch im Vergleich zu Englisch und Chinesisch in einer Nische sitzt, gehört es doch zu den beliebtesten europäischen Sprachen. Es gibt (vor allem in und um Seoul) zahlreiche Fremdsprachen-Oberschulen (Altersgruppe 16-18 Jahre), von denen die meisten auch Deutsch als Fremdsprache anbieten und sich dafür der Anstellung einer Lehrkraft aus einem deutschsprachigen Land verpflichten. Der Lehrauftrag an die ausländischen Lehrkräfte kann dabei von Schule zu Schule variieren, liegt aber meistens im Bereich Konversationsunterricht, während die grundlegende Grammatik vor allem von den koreanischen Kollegen gelehrt würde. Es gibt darüber hinaus auch ein paar gewöhnliche Oberschulen, die Deutsch als Nachmittagskurse anbieten – dort kommen deutsche Muttersprachler/-innen tendenziell als Praktikanten/-innen infrage. Sofern man mindestens einen MA-Abschluss vorweisen kann (bestenfalls Lehramt, Linguistik oder Germanistik), kann man sich auch bei Universitäten (Altersgruppe 19-22 Jahre) bewerben, die Deutsch als Fremdsprache bzw. Germanistik als Studienfach anbieten und eine Lehrstelle ausschreiben (was zugegebenermaßen nicht so häufig vorkommt).
Zudem gibt es in Seoul die Deutsche Schule (Altersgruppe 2-19 Jahre) (https://www.dsseoul.org), welche neben einem Kindergarten alle Stufen von Grund- bis Oberstufe, und abschließend das deutsche Zentralabitur anbietet. Das deutschsprachige Umfeld dort macht es deutschen Lehrkräften tendenziell einfacher als koreanische Schulen oder Akademien. Selbiges gilt auch für das Goethe-Institut (Altersgruppe 5-65 Jahre) (https://www.goethe.de/ins/kr/de/index.html), welches in Korea an fünf Standorten operiert, bezüglich der Arbeit als Lehrkraft aber eine institutsspezifische Lehr-Ausbildung voraussetzt.
Die koreanischen Akademien werden vor allem von jungen Koreanerinnen und Koreanern als Ergänzungsunterricht zur Universität oder Oberschule genutzt, während ältere Lernende sich eher an das Goethe-Institut richten. In Akademien gibt es verschiedene Programme; sowohl regulierte Sprachkursen, als auch Einzelunterricht. Zuletzt kann man auch über Webseiten und Apps im Internet versuchen, Gesuche für Deutschunterricht ausfindig zu machen, aber ich persönliche rate aufgrund mehrerer schlechter Erfahrungen davon ab.
Als Nächstes möchte ich aus meiner Sicht die Frage beantworten, für welche Menschen die Arbeit als Lehrkraft besonders geeignet ist. Als Voraussetzungen, um langfristig erfolgreich zu arbeiten und dabei glücklich/zufrieden zu werden, seien hier zuallererst anhaltende Motivation und Leidenschaft genannt. Zum einen im Umgang mit Menschen der jeweiligen Altersgruppe, zum anderen mit der Zielsprache (also in diesem Fall der deutschen Sprache). Man muss bedenken, dass sich das Lehren einer Sprache aus vielen Teilaspekten zusammensetzt. Auch wenn es in Südkorea vordergründig um das Bestehen von Prüfungen geht, sollte man sich in jedem Kurs neu mit der Frage beschäftigen, wie man diesen Kurs optimal leiten kann. Jeder Kurs ist anders und genau das macht die Arbeit meiner Meinung nach auch interessant. Eine Lehrkraft sollte die Dynamik in einer Gruppe nicht nur lesen, sondern im besten Fall auch aktiv zum Wohle aller nutzen. Lehrende sind gewissermaßen auch Lernende. Auch Lehrmethoden müssen hin und wieder hinterfragt und verändert oder weiterentwickelt werden. Ein gutes Beispiel ist z. B. die kurz- bis mittelfristig aufkommende Frage, wie man künstliche Intelligenz im Sprachunterricht nicht verbieten, sondern vielmehr gewinnbringend nutzen könnte.
Wer nun gerne ein paar konkretere Antworten auf die Frage hätte, wer aus Sicht der Arbeitgeber gut geeignet ist, dem liste ich im Folgenden einige Qualifikationen auf, welche zwar an Oberschulen und Akademien für gewöhnlich nicht obligatorisch sind, aber die Chancen auf eine Anstellung als Lehrkraft definitiv erhöhen:
- Muttersprachler (obligatorisch, falls visumgebunden)
- ein gültiges Visum (unabhängig von der Stelle)
- Lehrerfahrung
- Studienabschluss (bestenfalls MA in Germanistik, Koreanistik, Erziehungswissenschaften oder Lehramt)
- andere Lehrzertifikate
- Koreanischkenntnisse
- der Plan, mittel- oder langfristig in Korea zu leben
Die meisten Lehrstellen an Oberschulen und Akademien sind Teilzeitstellen und können zwar durchaus mit anderen Teilzeitstellen kombiniert werden, würden jedoch kein Arbeitsvisum ermöglichen. Ein solches bekommt man nur durch eine Vollzeitstelle. Dennoch hat man auch dort Vorteile als Bewerber/-in, wenn man bereits ein Visum hat, sodass sich die Institution nicht mehr darum kümmern muss.
Es kann ein Vorteil sind, wenn man während der Bewerbung schon vorort in Südkorea ist, um Bewerbungsgespräche ggf. persönlich führen zu können, aber seit Corona werden die meisten Bewerbungsgespräche online abgehalten. Einige größere Institutionen möchten zusätzlich zu einem Interview auch eine Lehrprobe unter bestimmten Voraussetzungen abhalten – dies würde normalerweise offline durchgeführt.
Lebenslauftechnisch reichen ganz klassische tabellarische Lebensläufe aus, man muss nicht einmal für jede Karrierestation ein Zertifikat anhängen. Wenn man sehr dick aufträgt, wird man aber auch daran gemessen. Ich habe z. B. die Erfahrung gemacht, dass viel Arbeitserfahrung oft den Eindruck erweckt, dass man dadurch schon alle Regeln kennen und gut wissen müsste, wie man sich in Situation XYZ zu verhalten hätte. Dies stellt sich nicht selten als Fehleinschätzung heraus, da sich die Systeme und Anforderungen teilweise sogar zwischen den Institutionen in Korea erheblich unterscheiden. Die Kommunikation seitens Institution ist nicht immer ausreichend und man sollte daher immer nachfragen, wenn man sich bei irgendetwas nicht sicher ist. Und so unterscheiden sich auch die konkreten Lehraufträge von Schule zu Schule, und von Akademie zu Akademie. Kurz gesagt: Jede Lehrstelle ist etwas anders.
Bezüglich der Stellensuche liste ich im Folgenden die Orte auf, an denen man am ehesten nach Arbeitsstellen suchen könnte. Man muss dabei bedenken, dass die Angebote sich vergleichsweise zur Arbeit als Englischlehrer in Grenzen halten:
- Webseiten von Universitäten, Schulen, Akademien
- Facebook-Gruppen
- Jobkorea (https://www.jobkorea.co.kr/, eher Vollzeitstellen)
- Albamon (https://www.albamon.com/, eher Teilzeitstellen)
- Global Center (bspw. in Seoul: https://english.seoul.go.kr/seoul-global-center/sgc/)
- Lektorenvereinigung Seoul (https://lvk-info.org/)
- DAAD Korea (https://www.daad.de/de/)
- eventuell gibt es auch WhatsApp- oder Kakao-Chats für Stellenausschreibungen
Ansonsten eignet sich zur Informationssuche und zum Klären von Fragen auch reddit, wo es große und sehr aktive Communities gibt (z. B. https://www.reddit.com/r/teachinginkorea/) – zwar primär für die Arbeit als Englischlehrer und vor allem in Bezug auf Akademien, aber es ist trotzdem sehr nützlich; auch um Meinungen anderer Menschen zu Punkten wie Gehalt, Rechte und Pflichten, Tabus, Kommunikationsmethoden etc. zu erfahren und sich eventuell sogar direkt mit anderen Lehrenden auszutauschen.
Was ich persönlich als meine größten Herausforderungen in Korea bezeichnen würde, ist zum einen die Kommunikation und zum anderen das Akzeptieren des Bildungssystems im Großen und Ganzen. Aber wie allgemein bekannt, gehört etwas Anpassung immer dazu, wenn man in einer fremden Kultur Fuß fassen möchte. Auf der anderen Seite bietet Korea auch viele Vorteile und hat seine schönen Seiten. Studenten würde ich z. B. mit wenigen Ausnahmen als sehr respektvoll und liebenswürdig beschreiben. Man wird manchmal richtig traurig, wenn man liebgewonnene Studierende verliert (weil sie z. B. ihren Abschluss erlangen). Es ist dahingehend sehr ungewöhnlich, Kontakt zu ehemaligen Schülern oder Studenten zu halten, aber ich halte es nicht für ausgeschlossen.
Mein persönlicher Traum, das koreanische Bildungssystem zu verändern, weist zugegebenermaßen sehr utopische Züge auf, aber als Lehrer kann ich immerhin innerhalb meiner eigenen Arbeitssphäre dafür sorgen, dass die Lernenden sich in meinem Unterricht wohlfühlen und das Interesse an der deutschen Sprache und Kultur nicht verlieren. Daher erfülle ich meinen Lehrauftrag tagtäglich mit Stolz und Leidenschaft – und ich hoffe, dass auch viele andere bereits begeistert lehrende oder angehende Lehrkräfte ihren Weg mit einer positiven Energie und großem Engagement beschreiten.
Für konkretere Fragen dürfen Sie mich gerne unter meiner E-Mail moira@tuta.io kontaktieren.
Jan Ristok zu Gast in der aktuellen Folge Post aus Korea:
*CREDITS
Moderation: Alyssa Dudda, Sabrina Hoffmann
Interviewer: Alyssa Dudda
Interviewee: Jan Ristok
Idee: Alyssa Dudda
Koreanisch lernen mit Canan: Canan Kus, Alyssa Dudda
Schnitt: Marie Awe, Alyssa Dudda
Einen besonderen Dank an Jan Ristok für diesen ausführlichen Beitrag.
Viel Spaß beim Zuhören und bis bald!
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