(Von Bontond Jakab)

Im Herzen Ostasiens, eingebettet zwischen alten und neuen Großmächten, bewegt sich Südkorea auf einem schmalen Grat zwischen geopolitischen Spannungen und der Notwendigkeit zivilgesellschaftlicher Zusammenarbeit. In unserem Gespräch mit Frederic Spohr, dem Leiter des Korea-Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Seoul, wurden diese Herausforderungen und Chancen eindrucksvoll beleuchtet.

Die Drohkulisse Nordkoreas ist ein konstantes Echo im politischen Diskurs Südkoreas, das besonders im Wahlkampf an Lautstärke gewinnt. Jüngst sorgte ein nordkoreanischer Satellitenstart für Unruhe, doch trotz der stetigen Bedrohung bleibt das Alltagsleben in Seoul erstaunlich unberührt. Es ist ein Zeugnis der südkoreanischen Resilienz und der Fähigkeit, sich an bestehende Bedingungen anzupassen.

Die geopolitische Landschaft der Region wird von anderen dominanten Akteuren geprägt, wobei die EU und insbesondere Deutschland nur begrenzten Einfluss auf die Sicherheitspolitik haben. Hier öffnet sich eine Nische für zivilgesellschaftliche Organisationen, NGOs und Stiftungen. Sie treten als Vermittler auf und bauen Brücken, wo staatliche Akteure an Grenzen stoßen.

Die Beziehungen zu Japan, geprägt von einer belasteten Vergangenheit, sind ein weiteres komplexes Kapitel in Südkoreas internationaler Ausrichtung. Doch trotz historischer Spannungen sind die wirtschaftlichen Verbindungen stark. Japan ist ein strategisch wichtiger Partner im Bereich der Halbleiterindustrie und ein wachsender touristischer Partner. Es ist ein Tanz auf dem Drahtseil, bei dem politische Diplomatie und wirtschaftliche Notwendigkeiten eine sorgfältige Balance erfordern. Die Aufarbeitung der japanischen Kolonialgeschichte und der Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg ist ein mühsames Unterfangen, das von Populismus auf beiden Seiten behindert wird. Hier könnte die USA als Mediator eine entscheidende Rolle spielen, um die Wunden der Vergangenheit zu heilen und ein neues Kapitel der Versöhnung aufzuschlagen.

Südkoreas Netzwerk innerhalb der Region erstreckt sich auch auf die ASEAN-Staaten, die für Stabilität und Wohlstand in der Region unerlässlich sind. Vietnam ist ein leuchtendes Beispiel für diese Partnerschaft, das als wichtiger Handelspartner für Samsung dient.

Die Idee von ‚AUKUS Plus‘, einer erweiterten militärischen Partnerschaft mit den USA, Großbritannien und Australien, birgt neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen, betonte Spohr. Als AP4-Partner der NATO ist Südkorea ein bevorzugter Partner für Dialog und Kooperation, wobei die Beziehungen zu den USA weiterhin von großer Bedeutung sind.

Die Zukunft Taiwans, einer geopolitischen „Blackbox“ in der Region, bleibt ungewiss. Im Falle einer Eskalation der Lage mit China bleibt unklar, auf welcher Seite sich Südkorea und die USA positionieren würden.

Südkorea navigiert geschickt durch ein Meer von geopolitischen Spannungen und zivilgesellschaftlichen Herausforderungen. Es ist ein faszinierender Balanceakt, der sowohl diplomatisches Geschick als auch strategische Weitsicht erfordert. Der Tanz auf dem Drahtseil geht weiter, und die Welt schaut gespannt zu. Wir bedanken uns bei Herrn Spohr für ein spannendes Gespräch und die Einblicke, die er uns vermitteln konnte.