(Von Leonie Müller)

Am Dienstagmorgen sorgte die Vorbereitung für den bevorstehenden Tag für Trubel in der gemeinsamen Unterkunft. Zwischen Jetlag, Frühstück und halb gepackten Koffern galt es, sich für einen der formalsten Termine zurechtzumachen. Unter dem Motto „Beyond Borders: Together For Another 140 Years“ versammelte sich unsere Delegation mit circa 250 weiteren Personen in der Korea Chamber of Commerce and Industry , um an der 140 Years Korean-German Partnership Conference teilzunehmen. Diese wurde partnerschaftlich von der deutschen Botschaft in Seoul und dem Alumninetzwerk Deutschland-Korea (ADeKo) organisiert. Das Alumninetzwerk Deutschland-Korea (ADeKo) verbindet seit 2008 koreanisch und deutsche Studierende mit jeweiligem Deutschland oder Korea Bezug. Das übergeordnete Ziel des Netzwerkes ist dabei die Stärkung deutsch-koreanischer Beziehungen auf wissenschaftlicher, wirtschaftlicher, technologischer, politischer als auch auf kultureller Ebene.

Die Konferenz begann mit einem Video, welches die wichtigsten Meilensteine deutsch-koreanischer Geschichte darstellte und mit zahlreichen Fotografien illustrierte. 1883 schuf der Handels-, Freundschafts- und Schifffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Korea den Beginn und die Grundlage für die seit mittlerweile 140 Jahre anhaltende Beziehung beider Länder. Er erleichterte nicht nur den Handel, sondern postulierte zudem, dass zwischen den Ländern ,,dauernd Friede und Freundschaft“ bestehen solle. Im Jahr 1909 wurde die kaiserliche koreanische Nationalhymne von dem deutschen Komponisten Franz Eckert kreiert.

Weitere Erzeugnisse der damaligen jungen Freundschaft beider Länder waren unter anderem die Eröffnungen des ersten europäischen Hotels in Korea, des deutschen Benediktiner Kloster und ein Krankenhaus des roten Kreuzes in Busan. Nach dem zweiten Weltkrieg markierte der Besuch des damaligen Präsidenten Park Chung-Hee im Jahr 1964 einen neuen Abschnitt deutsch-koreanischer Verhältnisse. Insbesondere Sport und Kultur sind seitdem wichtige Elemente der deutsch-koreanischen Freundschaft. Eine wichtige Persönlichkeit ist beispielsweise Sohn Kee-Chung, welcher 1986 als erster Sportler koreanischer Herkunft eine Goldmedaille bei den olympischen Spielen in Berlin gewann. Zudem fand auch das erste europäische K-Pop Festival in Deutschland statt.

Heutzutage sorgt der Ausbau von Organisationen wie der ADeKo oder des Netzwerkes Junge Generation Deutschland-Korea sowie dem Deutsch-Koreanische Junior Forum als Erweiterung des Deutsch-Koreanischen Forums für eine Vertiefung der Freundschaft.

Nach dem Video wurde die Veranstaltung von dem Vorsitzenden der ADeKo, Prof. Dr. Hyo-Joon Kim, offiziell eröffnet. Ihm folgte eine Rede des amtierenden deutschen Botschafters in Seoul, Herr Georg Schmidt. Er betonte unter anderem die Bedeutung des russischen Angriffskrieges für die deutsche „Zeitenwende“, adressierte aber auch das Verhältnis der USA zu China. Elementar sei kein reines Entkoppeln der Verhältnisse, sondern die Risiken der Beziehungen zu minimieren. Zudem benannte er den Klimawandel als nationales Sicherheitsrisiko Deutschlands und die Zuwanderung als Bereicherung sowie Chance für die deutsche Gesellschaft hinsichtlich des demographischen Wandels. Weitere Redner waren unter anderem Dr. Jin Park (koreanischer Außenminister), Mr. Sang-Min Lee (Präsident der Deutsch-Koreanischen Parlamentarier-gruppe & Abgeordneter der Nationalver-sammlung), Mr. Martin Dulig (Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Frei-

staates Sachsen & Co-Vorsitzender des DKF), Dr. Martin Henkelmann (Geschäftsführer der AHK) sowie weiterer Vertreter von Stiftungen und Organisationen. Eine anschließende Foto- und Kaffeepause beendete die Eröffnungsphase und wurde von uns genutzt, sich über die bereits gesammelten Eindrücke der Konferenz auszutauschen. Für die meisten von uns war es die erste Teilnahme an einer offiziellen Konferenz, sodass wir zu einem sehr von dem professionellen Rahmen beeindruckt waren, aber auch Schwierigkeiten beim Anlegen der Übersetzungsgeräte zwecks der Simultanübersetzung hatten.

Der zweite Abschnitt der Konferenz wurde von tiefergehenden thematischen Vorträgen geprägt. Zunächst erläuterte und analysierte Dr. Daelae Noh das Wirtschaftswachstum beider Länder. Das deutsche Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit legte den Grundstein für die Zukunft der deutschen Ökonomie, da die soziale Marktwirtschaft etabliert wurde. Durch die zunehmend europäische Integration sowie den Kosten der Wiedervereinigung stagnierte das Wachstum bis zur Mitte der 2000-er Jahre, ehe durch Schröders Reform Agenda 2010 eine Wende eintrat. Südkoreas Weg zum Wirtschaftswachstum begann hingegen über den Fünfjahresplan in 1962. Dieser zielte darauf

ab, das Exportwachstum zu erhöhen und die Wirtschaft zu modernisieren. Von 1965 bis 1975 wurde gezielt die südkoreanische Schwer- und Chemieindustrie gefördert. Im Zuge der zweiten Ölkrise im Jahr 1979 trat eine Wende in der südkoreanischen Wirtschaftspolitik ein, da sie sich dem Weltmarkt öffnete und der Protektionismus der heimischen Märkte aufgegeben wurde. Die moderne Wirt-schaftspolitik Südkoreas sei von dem Problem mangelnder Konsistenz charakterisiert, da Regierungen die Beschlüsse der vorherigen Legislaturperiode nicht weiterführen würden. Insbesondere in dieser Hinsicht solle Deutschland als Vorbild Südkoreas dienen.

Als nächstes hielt Prof. Dr. Anja-Désirée Senz einen Vortrag über die Relevanz der Sozialwissenschaften im akademischen Austausch zwischen Deutschland und Südkorea. Sozialwissenschaften seien gegenwärtig eine unterbewertete Disziplin, welche mit stetig geringer werdenden Studierendenzahlen zu kämpfen hätte. Gerade in der modernen und auf Technik spezialisierten Welt sei es unabdingbar, diese auf Konsequenzen bezogen einzuschätzen und zu reflektieren.

Zudem könnten sie helfen, Faktoren für Akzeptanz und Misstrauen zu identifizieren und Thematiken in Kontexte einzuordnen, um somit zur Stabilisierung pluralistischer Gesellschaften beizutragen. Im Anschluss gab es weitere Vorträge bezüglich der nachhaltigen Energiegewinnung Südkoreas sowie Daten-infrastruktursystemen. In der darauf-folgenden Mittagspause wurden die Teilnehmenden mit einer leckeren Lunchbox versorgt. Danach verließen wir die Konferenz, um unseren Gesprächstermin in der deutschen Botschaft wahrzunehmen.

Am Abend desselben Tages trafen wir einige Mitglieder der Konferenz zu einem ungezwungenen Stammtisch mit Pizza und Getränken. Wir haben viel gelacht, geredet und konnten spannende Kontakte knüpfen. Trotz des anstrengenden Tages stellte die Konferenz einen wunderbaren Ausgangspunkt für die kommenden Gesprächstermine dar.