(Von Leonie Müller)

Im Herzen Seouls, nahe dem gläsernen Rathauses und dem Deoksugung Palast befindet sich die koreanische Niederlassung des United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR). Wir wurden herzlich von dem Team des UNHCR empfangen und mit Getränken versorgt. Bevor wir mit der Diskussion unserer Fragen begannen, wurde uns mithilfe einer Präsentation ein Grundverständnis der Arbeit und Funktion des UNHCR vermittelt.

1992 trat Südkorea der Genfer Flüchtlingskonvention aus dem Jahr 1951 bei. Im Rahmen dieses Beitritts unterzeichnete Südkorea ebenfalls das aus dem Jahr 1967 stammende Protokoll, welches die geographischen und zeitlichen Grenzen des ursprünglichen Abkommens zur Regelung der Flüchtlingsangelegenheiten des Zweiten Weltkrieges aufhob. Ein Kerninhalt des Protokolls ist die Definition des Begriffs Flüchtling. Demnach ist ein Flüchtling eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will“.

Des Weiteren regelt es die Rechte und Pflichten der Schutzsuchenden sowie den Grundsatz der Nichtzurückweisung. Dies bedeutet, dass Flüchtlinge nicht in ein Land zurückgeführt werden dürfen, in dem ihnen Verfolgung droht. Durch die Akzeptanz und Unterzeichnung vieler Staaten stellt die Genfer Flüchtlingskonvention ein unverzichtbares Instrument für den Schutz von Flüchtlingen dar. Dies zeigt sich nicht zuletzt an ihrer Vorbildrolle für nationale Gesetzgebungen. Beispielsweise haben sich sowohl Südkorea als auch Deutschland in ihrer Flüchtlingsgesetzgebung an der Formulierung der Genfer Konvention orientiert.

Heutzutage besteht die Rolle des UNHCR in Südkorea darin, mit der Regierung, der Justiz, der Legislative, der Nationalen Menschenrechtskommission, Nichtregierungsorganisationen, der Zivilgesellschaft und betroffenen Personen zusammenzuarbeiten, um das inländische Schutzsystem und die Behandlung von Asylsuchenden, Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen zu verbessern. Aktuell stammen die meisten der in Südkorea anerkannten Flüchtlinge aus Syrien und dem Jemen. In beiden Ländern herrschen seit mittlerweile mehreren Jahren Bürgerkriege, welche zu Millionen Toten, Verletzten und Geflüchteten geführt haben. Seit Beginn der Covid-19 Pandemie hat sich die Anzahl der Schutzsuchenden jedoch aufgrund von verschärften Reise- und Visabedingungen reduziert. Ob eine Person als Flüchtling anerkannt wird, wird in Südkorea nicht von dem UNHCR entschieden. Stattdessen hat der koreanische Staat in Form von lokalen Einwanderungsbehörden die vollständige Autorität über die Bestimmung des Flüchtlingsstatus. Der UNHCR bietet jedoch Beratungsdienste für Asylsuchende zur Unterstützung an.

Einer der nächsten Schritte ist die offizielle Registrierung beim UNHCR. Die Registrierung ist mehr als nur eine Zählung: Sie erfasst, überprüft und aktualisiert Informationen über die vom UNHCR betreuten Menschen. Somit dient sie als Basis zur Organisation der Anzahl notwendiger Hilfsgüter und Unterkünfte. Zudem schützt sie Flüchtlinge vor Abschiebung, willkürlicher Inhaftierung, ermöglicht Familienzusammenführungen und Zugang zu einer Reihe von Dienstleistungen und Hilfsangeboten. Dazu gehört beispielsweise Hilfe in Form von Erst- und Grundversorgung der Flüchtlinge durch sauberes Trinkwasser, Nahrung und medizinischer Hilfe. Zudem werden auch Gegenstände des alltäglichen Lebens wie Haushaltsgüter verteilt. Eine weitere Kernleistung des UNHCR stellt der Schutz, Bildung und der rechtliche Beistand der Flüchtlinge dar. Neben der Integrationshilfe gehört das Gewährleisten der sicheren Rückkehr der Flüchtlinge in ihre jeweiligen Heimatländer ebenfalls zum Aufgabenfeld des UNHCR.