(Von Philipp Meyer)

Thomas Kalinowski ist Professor für Politikwissenschaft an der Graduate School of International Studies der Ewha Woman’s University in Seoul. Er lehrt Internationale Politische Ökonomie, Vergleichende Politische Ökonomie, Internationale Organisationen, Umweltgovernance, Nachhaltige Entwicklung und Entwicklungszusammenarbeit. Professor Kalinowski war bereits an verschiedenen akademischen Institutionen in Berlin, Berkeley, Providence, Honolulu, Tokio, Köln, Den Haag, Hamburg, Jeju und Heidelberg tätig.

Eine sorgfältige Analyse unterschiedlicher Statistiken zum weltweit höchsten CO2-Ausstoß in den letzten Jahren offenbart, dass Südkorea in diesen Rankings stets einen der prominenten vorderen Plätze einnimmt. Dieses auffällige Phänomen kann auf die historische Entwicklung Südkoreas sowie auf sein beeindruckendes industrielles Wachstum zurückgeführt werden.

Doch dieses Wachstum hat auch seine Schattenseiten in Form eines drastischen Anstiegs der CO2-Emissionen mit sich gebracht. Professor Kalinowski verdeutlicht dies in einem seiner Fachartikel, welchen er der Delegation nachträglich hat zukommen lassen, eindrucksvoll.

Während des Zeitraums von 1992 bis 2016 hat Südkorea seine CO2-Emissionen mehr als verdoppelt, von 276 Millionen Tonnen auf 589 Millionen Tonnen. Dies verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf, dem sich das Land gegenübersieht. Im Jahr 2016 unterzeichnete und ratifizierte Südkorea das Pariser Klimaabkommen und verpflichtete sich damit gemeinsam mit der internationalen Staatengemeinschaft, die Ursachen des Klimawandels nachhaltig zu bekämpfen. Dieser bedeutende Schritt unterstreicht nicht nur die Bereitschaft Südkoreas seinen globalen Verpflichtungen nachzukommen, sondern bezeugt auch, wie sehr sich das Land inzwischen zu einem verantwortungsbewussten Akteur auf der weltweiten Bühne entwickelt hat.

Investitionen in eine grüne Infrastruktur sind seitens Südkorea auch im ökonomischen Sektor von hoher Bedeutung. Da es ein export-orientiertes Land ist, bedarf es einer kontinuierlichen Wettbewerbsfähigkeit an den inter-nationalen Märkten. Gleichzeitig ist es sehr stark abhängig von Energieimporten, da es dem Land nahezu völlig an Rohstoffgewinn-

Industrien mangelt. Südkoreas starke Exportindustrie ist daher die nötige Grundvoraussetzung, um Energieimporte zu finanzieren. Beide Komponenten bedingen sich hier also gegenseitig. Durch die Energieimporte besteht außerdem eine starke Abhängigkeit von den Preisen des Energiemarktes. Das Fehlen von Rohstoffgewinn-Industrien könnte daher auch ein Vorteil sein, wenn man eine erfolgreiche Klimapolitik erreichen möchte. Grüne Technologien würden Südkorea also auch unabhängiger vom Weltmarkt machen.

Der Termin mit Professor Kalinowski diente aber auch dazu, eine konstruktive Gegenüberstellung der Klimapolitik in Südkorea und Deutschland vorzunehmen und dabei interessante Vergleiche zu ziehen. Wie bereits dargelegt, ist in Südkorea ist die Klimapolitik eng mit ökonomischen Aspekten und dem Gedanken der Transformation verknüpft. Das Land zeichnet sich durch seine Vorreiterschaft in der Forschung und Entwicklung von grünen Technologien aus. Auch in Bezug auf Investitionen in grüne Infrastruktur sowie wissenschaftliche Forschungsfelder sieht Professor Kalinowski ein Vorbildpotenzial, von dem Deutschland lernen könnte. Im Gegenzug eröffnen sich für Südkorea wichtige Lernmöglichkeiten von Deutschland in den Bereichen Energieeffizienz und Umweltbewusstsein. In Deutschland haben sich diese Themen zivilgesellschaftlich stark etabliert, und die Diskussionen zur Klima- und Umweltpolitik sind fester Bestandteil des öffentlichen Diskurses und unverzichtbar geworden. Dieser Meinungsaustausch zwischen den beiden Ländern verdeutlicht, wie wichtig der globale Wissensaustausch in Bezug auf Klimafragen ist und wie unterschiedliche nationale Ansätze sich gegenseitig inspirieren können, um gemeinsam die drängenden Herausforderungen des Klimawandels anzugehen.

Der Termin mit Professor Kalinowski war von einer äußerst lockeren Atmosphäre geprägt. Grund dafür war vor allem sein Plan, zunächst in einem lockeren Get-together einen Rund-gang über den malerischen Campus der Ewha Woman’s University zu unternehmen und dabei die spätsommerlichen Temperaturen mit einem Kaltgetränk aus dem dortigen Studentencafé zu genießen. Insgesamt hat die Begegnung in der gesamten Delegation einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und unterstreicht die Tatsache, dass es in den weltweiten Bemühung zur Bekämpfung des Klimawandels keinen universellen Masterplan gibt. Vielmehr betont sie die Bedeutung der gegenseitigen Unterstützung und des wechselseitigen Lernens. In einer Zeit, in der die Herausforderungen des Klimawandels komplex und vielschichtig sind, wird die Zusammenarbeit zwischen Ländern und der Austausch bewährter Praktiken zunehmend wichtiger.